10 Jahre nachdem das junikum die ersten Schritte mit JuMeGa® gegangen ist, blickt Teamleiter Christoph Finger auf eine beeindruckende Entwicklung zurück
“Es war ein Wagnis. Für die vielen tollen Entwicklungen von jungen Menschen hat es sich gelohnt, dies einzugehen.”
„Es gibt immer wieder tolle Entwicklungen, die die jungen Menschen in den Gastfamilien machen. Machmal ist es mühsam, aber oft werden hier Meilensteine gesetzt.“ Christoph Finger ist nach fast 10 Jahren durch und durch vom Konzept JuMeGa® begeistert.
„Man packt einen Rucksack mit den jungen Menschen und jeder nimmt sich das Passende mit. Bei dem einen ist es die schulische oder berufliche Entwicklung anzupacken, bei der anderen ist es die Klärung von familiären Konflikten und beim Nächsten ist es wieder eine Alltagsstruktur und ein Ziel für das eigene Leben zu finden.“
JuMeGa® war damals ein ganz neues System für das junikum
Dabei war JuMeGa® am Anfang ein Wagnis. Es war ein Projekt und vieles war für das junikum unbekannt. Das Projekt startete als Kooperation mit dem SkF Lüdinghausen. Gertrud Kleingräber brachte viel Erfahrung aus dem Kinderpflegewesen mit, worauf das junikum aufbauen konnte.
2019 war JuMeGa® soweit entwickelt, dass das junikum das Angebot seitdem eigenständig fortsetzt.
Beim ersten Mal kann es eine Herausforderung sein
„Wenn eine Gastfamilie zum ersten Mal einen jungen Menschen aufnimmt, kann das eine Herausforderung sein. Die meisten sind aber so überzeugt, dass sie danach auch weitere Jugendliche bei sich aufnehmen. Dann werden sie auch gelassener und gehen souveräner mit der Situation um“, weiß Christoph Finger aus Erfahrung.
Damit die Gastfamilien nicht in Überforderung geraten, werden sie intensiv unterstützt. Vier Fachberaterinnen und Fachberater sind regelmäßig mit den Gastfamilien im Kontakt und vor Ort in den Familien. Die Intensität der Beratung ist individuell und verändert sich im Laufe der Zeit. Dies richtet sich nach den Bedarfen der Familien.
Fachberater*innen begleiten und vermitteln individuell
„In jedem Fallverlauf ist unsere Berater-Rolle anders, das macht es so abwechslungsreich“, erklärt Christoph Finger. „Mal vermitteln wir zwischen Schule und Gastfamilie, wenn es dort zu Störungen kommt. Bei anderen beraten wir die Gastfamilien zu Verhaltensauffälligkeiten und überlegen gemeinsam, wie die Gasteltern darauf reagieren können.“
Es kann passgenau geschaut werden, welche*r Berater*in am ehesten zur Familie und zum Jugendlichen passt: Welche Themen gibt es gerade, wo passt die „Chemie“ am besten, ist ein Mann oder eine Frau gerade hilfreicher?
Gast„Familie“ ist bei uns vielfältig
Gast „Familie“ ist im Übrigen ein weiter Begriff, der alles umschließt. Dazu gehören Familien mit Kindern, Paare ohne Kinder oder deren Kinder erwachsen sind und nicht mehr im Haushalt leben, aber auch Alleinlebende. Diese Vielfalt macht die Stärke des Konzepts aus und macht die Auswahl „der“ passenden Familie größer.
Zu Beginn bestand Unsicherheit, inwieweit man Gasteltern ohne Fachausbildung hoch belastete junge Menschen ´zutrauen´ kann. JuMeGa wurde zwar schon vor vielen Jahren in Ravensburg entwickelt und seitdem auch bei anderen Trägern erfolgreich eingesetzt.
Schutz der Jugendlichen ist eine große Verantwortung
Dennoch nehmen wir die Verantwortung für die Gastfamilien ebenso wie die für die Jugendlichen sehr ernst. Nicht zuletzt, weil wir in unseren stationären Angeboten auch wiederholt junge Menschen betreuen, bei denen Pflegeverhältnisse gescheitert sind. Auch seitens der belegenden Jugendämter war dies anfangs eine große Sorge und es gab viele kritische Fragen zum Konzept.
Nach all den Erfahrungen zeigt sich aber, dass unser Mut belohnt wurde.
In den vergangenen Jahren wurden in „unseren“ Gastfamilien fast 100 Jugendliche betreut. In der Regel sind sie 14 Jahre oder älter, in einigen Fällen betreuen wir jedoch auch jüngere Kinder. Sie sind im Schnitt eineinhalb Jahre in den Familien, manche bleiben auch zwei oder drei Jahre.
Normalität ist das Rezept und für alle Seiten eine Lernerfahrung
Was war Christoph Fingers größte Lernerfahrung? „Es lohnt sich, neu zu denken und manchmal auch ´Undenkbares´ auszuprobieren. Und ich habe gelernt, der Normalität der Gastfamilien zu vertrauen. So unterschiedlich unsere Familien und so individuell die jungen Menschen auch sind: Bei den allermeisten gelingt das Zusammenleben erstaunlich gut. Die Familien und die Jugendlichen stellen sich aufeinander ein und beide Seiten entwickeln sich.“
November 2023