Grenzen überschreiten, Grenzen erfahren

Weg
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Von Chris­tia­ne Jansen.

Win­ter 2012, Flug­ha­fen Dort­mund. Tim, 14 Jah­re, und das pol­ni­sche Betreu­er-Paar Juri und Mascha stap­fen durch den Schnee­matsch zur Gang­way der Wiz­zair-Maschi­ne nach Dan­zig. Im Gepäck: Hoff­nung und Zuver­sicht auf einen per­sön­li­chen Neu­start für Tim. Juri und Mascha sind nicht die strengs­ten Eltern der Welt, son­dern ein erfah­re­ner, dyna­mi­scher Päd­ago­ge und sei­ne gedul­di­ge und ver­ständ­nis­vol­le Frau. Zurück zum Gate:  Mein Kol­le­ge Mar­tin Petrat und ich win­ken noch ein­mal der klei­nen Grup­pe zu. Wir set­zen auf die Zukunft, die Pro­fes­sio­na­li­tät und Erfah­rung der Fach­kräf­te! Tim wün­schen wir, dass er lernt durch­zu­hal­ten, und dass er sei­ne per­sön­li­chen Gren­zen überwindet.

Aller Anfang ist schwer

Das Wag­nis IPM star­te­te bereits im Okto­ber 2011. Im fach­li­chen Dia­log mit Kol­le­gen aus Jugend­äm­tern und The­ra­peu­ten reif­te das Kon­zept her­an. Süd­lich von Dan­zig besuch­ten wir qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te und führ­ten span­nen­de Gesprä­che, stell­ten uns bei der deut­schen Bot­schaft vor und nah­men Kon­tak­te zu einem Rich­ter und der ört­li­chen Poli­zei auf.

Trotz gründ­li­cher Vor­ar­beit in der Kon­zept- und Clea­ring-Pha­se haben wir eine beweg­te Zeit unter höchs­ter Anspan­nung ver­bracht: Wird alles gut gehen? Wird unser neu­es Leis­tungs­an­ge­bot, von dem wir eben­so über­zeugt wie begeis­tert sind, die erwünsch­te Wir­kung zei­gen und sich durchsetzen?

Tim, Juri und Mascha haben ihre Zie­le nicht erreicht. Der Bezie­hungs­auf­bau in den ers­ten Wochen im frem­den Land hat­te enor­me Kraft gekos­tet. Es gab viel­ver­spre­chen­de und wert­vol­le Lern­erfah­run­gen, aber auch grenz­wer­ti­ge Pro­vo­ka­tio­nen und gewalt­tä­ti­ge Über­grif­fe. Fast täg­lich gab es Tele­fo­na­te mit Bera­tern und Therapeuten.

Gren­zen aner­ken­nen und acht­sam handeln

Mar­tin Petrat buch­te umge­hend einen Flug nach Dan­zig. Päd­ago­gi­sche und the­ra­peu­ti­sche Refle­xi­on. Es kehr­te jedoch kei­ne nach­hal­ti­ge Beru­hi­gung ein. Lei­der muss­ten wir ein Pro­jekt-Aus nach fünf Mona­ten auf­rei­ben­der und enga­gier­ter Arbeit hin­neh­men. Ja, wir alle waren ent­täuscht. Aber wir waren auch froh, dass unser Kon­zept der Acht­sam­keit wei­te­re Eska­la­tio­nen ver­hin­dert hat. Tim woll­te einer­seits unbe­dingt in der Pro­jekt­stel­le blei­ben, ande­rer­seits ver­moch­te er die fami­liä­re Atmo­sphä­re und Gebor­gen­heit nicht aus­zu­hal­ten. Sich Ein­las­sen und Wohl­füh­len bedeu­te­te für ihn „Ver­rat“ an sei­ner Fami­lie. Juri und Mascha gin­gen irgend­wann die krea­ti­ven Ideen aus und sie gerie­ten an ihre eige­nen Gren­zen. Das indi­vi­du­el­le Set­ting, immer ganz nah am Men­schen,  stell­te in die­sem Fall sowohl für Tim und als auch für die Betreu­er eine Über­for­de­rung dar.

Gren­zen über­win­den und Erfol­ge feiern

5 Jah­re spä­ter und um 31 Pro­jekt-Erfah­run­gen berei­chert sind wir wei­ter von den Mög­lich­kei­ten und Wirk­fak­to­ren der indi­vi­du­al­päd­ago­gi­schen Arbeit über­zeugt (sie­he Down­loads Sta­tis­tik IPM im juni­kum und Mac­sen­ae­re: Wirk­fak­to­ren IPM).

Zum Bei­spiel David und Lena, zwei Jugend­li­che »der ers­ten Stun­de« in Polen. Sie haben beharr­lich und erfolg­reich an ihren Zie­len gear­bei­tet. Neben dem Ein­üben und Fes­ti­gen alter­na­ti­ver Ver­hal­tens­wei­sen erlern­ten sie die pol­ni­sche Spra­che, füg­ten sich in die dörf­li­chen Gemein­schaf­ten ein und erreich­ten mit­tels Fern-Beschu­lung einen bemer­kens­wer­ten Haupt­schul- bzw. Realschul-Abschluss.

Der Abschied von »ihren« Fami­li­en in Polen war bewe­gend. Zurück in Deutsch­land haben sie selbst­be­wusst und mit Unter­stüt­zung durch den betreu­en­den Psy­cho­lo­gen ihren jewei­li­gen Weg in die eige­ne Zukunft fort­ge­setzt. Wie oft wir noch am Gate ste­hen wer­den, weiß ich nicht: Aber Hoff­nung und Zuver­sicht wer­den uns ganz sicher auch wei­ter­hin auf unse­rem Weg zur Über­win­dung von Gren­zen begleiten!

 

Chris­tia­ne Jansen
junikum-Geschäftsleitung

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