Von Christoph Finger.
Es ist zwei Jahre her, dass Hassim (15) wie viele aus Syrien auf unglaublichen Wegen nach Deutschland gekommen ist. Man merkt es ihm nicht an. Die Trennung von der geliebten Familie, die Strapazen auf der Flucht, das gesamte Paket der neuen Kultur, die er hier in dem ihm fremden Land meistern musste. Hassim hatte Glück. Für ihn wurde über das junikum eine liebevolle Gastfamilie gefunden. Dort in der Familie lernte er schnell die deutsche Sprache und fand sich gut an seiner neuen Schule zurecht.
Angekommen, aber die Familie fehlt
Hassims jüngere Schwester und Bruder, sowie seine Eltern hatten es nur bis in die Türkei geschafft. Über WhatApp konnte Hassim regelmäßig mit ihnen telefonieren, wenn es die Internetverbindung im Lager zuließ. Familienzusammenführung war das Wort, welches über allem stand und allen viel Geduld abverlangte. Seinem Vormund und dem Fachdienst des junikum waren zum Schluss die Hände gebunden. Die Eltern mussten aktiv werden. Nach zwei Jahren kam tatsächlich die Nachricht des Vaters über Hassim. Die Familie hatte Flugtickets gekauft! Ein unbeschreiblicher Moment als wir auf Hassims kleinem Handy die Fotografie der Tickets bestaunten. In nur 20 Tagen würde die vierköpfige Familie in Berlin landen. Und dann? Tausend Fragen stellten sich dem Fachdienst, den Gasteltern und dem Vormund. Was passiert mit ihnen, wenn sie am Flughafen ankommen? Wer nimmt sie in Empfang? Müssen sie in Berlin in ein Auffanglager? Wie kommen sie nach Münster?
Lange Tage des Hoffens
Ein unendlich wirkender Prozess von Telefonaten, Informationssammlung, Warten in Telefonschleifen, Weiterverbindungen zu angeblich zuständigen Behörden begann. Schließlich gab es einen Passierschein, der die Reise von Berlin bis Münster der Familie erlaubte. Wie bekommen die Eltern denn nun diese Dokumente? Wie kommen sie nach Münster? Das Zugticket besorgte der Vormund, die notwendigen Sätze auf Deutsch, um vom Flughafen bis zum Zug zu gelangen, wurden über WhatsApp übermittelt und dann gab es einen langen Tag des Hoffens, dass die Flug- und Zugreise bis Münster gelingt und auch alle Behörden dieselben Informationen haben wie wir…
Ungewissheit bis zum Schluss
Es wurde 17 Uhr, 18 Uhr … und dann — als die Familie sich am Bahnhof in Hamm das erste Mal nach zwei Jahren wiedersah, gab es kein Halten mehr. Geschafft! Zwei Jahre nur telefoniert und jetzt wieder zusammen. Unbeschreiblich. Mit dem junikum-Bulli ging es dann zur Erstaufnahmestelle. Die deutsche Bürokratie nahm seinen Lauf und es dauerte dann noch drei Monate und zwei unterschiedliche Auffangeinrichtungen bis die Familie eine Wohnung gemeinsam mit Hassim in Münster beziehen konnte. Das waren weite Wege, aber das junikum blieb dran. Hassim ist jetzt 17 Jahre alt, hat seine Schule beendet und fängt eine Ausbildung in der Pflege an. Seine Geschwister und auch seine Eltern gehen fleißig zur Schule.
Ende gut, alles neu.
Christoph Finger
Teamleitung IPM/ JuMeGa®
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