Die (un)endliche Geschichte

Refugee
© Pixabay

Von Chris­toph Finger.

Es ist zwei Jah­re her, dass Has­sim (15) wie vie­le aus Syri­en auf unglaub­li­chen Wegen nach Deutsch­land gekom­men ist. Man merkt es ihm nicht an. Die Tren­nung von der gelieb­ten Fami­lie, die Stra­pa­zen auf der Flucht, das gesam­te Paket der neu­en Kul­tur, die er hier in dem ihm frem­den Land meis­tern muss­te. Has­sim hat­te Glück. Für ihn wur­de über das juni­kum eine lie­be­vol­le Gast­fa­mi­lie gefun­den. Dort in der Fami­lie lern­te er schnell die deut­sche Spra­che und fand sich gut an sei­ner neu­en Schu­le zurecht.

Ange­kom­men, aber die Fami­lie fehlt

Has­sims jün­ge­re Schwes­ter und Bru­der, sowie sei­ne Eltern hat­ten es nur bis in die Tür­kei geschafft. Über What­App konn­te Has­sim regel­mä­ßig mit ihnen tele­fo­nie­ren, wenn es die Inter­net­ver­bin­dung im Lager zuließ. Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung war das Wort, wel­ches über allem stand und allen viel Geduld abver­lang­te. Sei­nem Vor­mund und dem Fach­dienst des juni­kum waren zum Schluss die Hän­de gebun­den. Die Eltern muss­ten aktiv wer­den. Nach zwei Jah­ren kam tat­säch­lich die Nach­richt des Vaters über Has­sim. Die Fami­lie hat­te Flug­ti­ckets gekauft! Ein unbe­schreib­li­cher Moment als wir auf Has­sims klei­nem Han­dy die Foto­gra­fie der Tickets bestaun­ten. In nur 20 Tagen wür­de die vier­köp­fi­ge Fami­lie in Ber­lin lan­den. Und dann? Tau­send Fra­gen stell­ten sich dem Fach­dienst, den Gast­el­tern und dem Vor­mund. Was pas­siert mit ihnen, wenn sie am Flug­ha­fen ankom­men? Wer nimmt sie in Emp­fang? Müs­sen sie in Ber­lin in ein Auf­fang­la­ger? Wie kom­men sie nach Münster?

Lan­ge Tage des Hoffens

Ein unend­lich wir­ken­der Pro­zess von Tele­fo­na­ten, Infor­ma­ti­ons­samm­lung, War­ten in Tele­fon­schlei­fen, Wei­ter­ver­bin­dun­gen zu angeb­lich zustän­di­gen Behör­den begann. Schließ­lich gab es einen Pas­sier­schein, der die Rei­se von Ber­lin bis Müns­ter der Fami­lie erlaub­te. Wie bekom­men die Eltern denn nun die­se Doku­men­te? Wie kom­men sie nach Müns­ter? Das Zug­ti­cket besorg­te der Vor­mund, die not­wen­di­gen Sät­ze auf Deutsch, um vom  Flug­ha­fen bis zum Zug zu gelan­gen, wur­den über Whats­App über­mit­telt und dann gab es einen lan­gen Tag des Hof­fens, dass die Flug- und Zug­rei­se bis Müns­ter gelingt und auch alle Behör­den die­sel­ben Infor­ma­tio­nen haben wie wir…

Unge­wiss­heit bis zum Schluss

Es wur­de 17 Uhr, 18 Uhr … und dann — als die Fami­lie sich am Bahn­hof in Hamm das ers­te Mal nach zwei Jah­ren wie­der­sah, gab es kein Hal­ten mehr. Geschafft! Zwei Jah­re nur tele­fo­niert und jetzt wie­der zusam­men. Unbe­schreib­lich. Mit dem juni­kum-Bul­li ging es dann zur Erst­auf­nah­me­stel­le. Die deut­sche Büro­kra­tie nahm sei­nen Lauf und es dau­er­te dann noch drei Mona­te und zwei unter­schied­li­che Auf­fang­ein­rich­tun­gen bis die Fami­lie eine Woh­nung gemein­sam mit Has­sim in Müns­ter bezie­hen konn­te. Das waren wei­te Wege, aber das juni­kum blieb dran. Has­sim ist jetzt 17 Jah­re alt, hat sei­ne Schu­le been­det und fängt eine Aus­bil­dung in der Pfle­ge an. Sei­ne Geschwis­ter und auch sei­ne Eltern gehen flei­ßig zur Schule.

Ende gut, alles neu.

 


Chris­toph Finger
 Team­lei­tung IPM/ JuMe­Ga®

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