Oer-Erkenschwick, 28.05.2023. Das junikum geht an die Öffentlichkeit, um (sexualisierte) Gewalt an Kindern und Jugendlichen im ehemaligen Kinderheim St. Agnes aufzuarbeiten. Es gibt Ansprechpersonen für Betroffene und Kontaktstellen für Hilfemöglichkeiten. Das Thema »Gewalt und sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen« ist in der stationären Jugendhilfe schon lange ein Thema. Auch das junikum, dessen Gesellschafter die Kirchengemeinde St. Josef in Oer-Erkenschwick ist, beschäftigt dies schon lange, vor allem mit dem Blick darauf, wie es heute sichere Orte für Kinder und Jugendliche gestalten kann.
„Es ist für uns keine leichte Aufgabe angemessene Worte zu diesem Thema zu finden“ räumt Thomas Kurth, Geschäftsführer im junikum, ein. „Als junikum sehen wir es aber als unsere Verantwortung, uns zu beschämenden Vorfällen in der Geschichte des Kinderheim St. Agnes zu Wort zu melden.“
In den letzten Jahren fanden bundesweit viele Opfer den Mut über ihre Vergangenheit zu sprechen und haben in der Öffentlichkeit Solidarität erfahren. „Auch wir sprechen uns als heute Verantwortliche offen für die Kontaktaufnahme Betroffener aus“, bezieht der Geschäftsführer Stellung und erklärt: „Auch in der Vergangenheit unserer Einrichtung kam es zu massiven Grenzverletzungen und sexuellen Übergriffen.“
Kurth konkretisiert: „Zum aktuellen Zeitpunkt wissen wir, dass Kinder und Jugendliche sexuelle Übergriffe bis in die 1980er Jahre erleben mussten.“ Bei den Beschuldigten handelt es sich um zwei Therapeuten, wovon einer auch Priester war, und einen Ehrenamtlichen. „Wir wissen ebenso, dass Verantwortliche auf Hinweise von Kindern, Jugendlichen und Mitarbeitenden nicht adäquat reagiert und den notwendigen Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt und Missbrauch nicht sichergestellt haben“, so Kurth. Im Raum steht auch, dass es seinerzeit bei dem Missbrauch auch um Missbrauch von Medikamenten gegangen ist.
Die heute Verantwortlichen bedauern zutiefst, dass durch Mitarbeitende des Kinderheim St. Agnes das körperliche und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen verletzt wurde. „Wir entschuldigen uns bei den Betroffenen ausdrücklich. Viele leiden noch heute unter den Erfahrungen und tragen diese Last mit sich. Manche können vielleicht noch gar nicht darüber sprechen. Andere sind tief verletzt, ohnmächtig oder zornig“, bringt Kurth zum Ausdruck.
Vor zwei Jahren war das junikum vom Interventionsbeauftragten des Bistums Münster über die finanziellen Anerkennungsleistungen, die das Bistum an Betroffene gezahlt hat, erstmalig umfassend informiert worden. Insoweit stellt Kurth fest, dass man sich auch mit möglichen weiteren finanziellen Forderungen von Betroffenen auseinandersetzen müsse. „Hier stehen wir im Kontakt mit der Pfarre als Gesellschafter der Einrichtung und dem Bistum“, stellt er klar.
Das junikum möchte den Menschen, die mit dem Kinderheim (heute: junikum GmbH) im Kontakt standen oder stehen, die Möglichkeit zum Gespräch eröffnen. „Denjenigen, die in der Vergangenheit dem Thema (sexualisierter) Gewalt direkt oder indirekt begegnet sind, Erfahrungen gemacht haben oder betroffen sind, machen wir hiermit ein ganz konkretes Gesprächsangebot“, lädt Kurth ein. Dieses gilt auch ausdrücklich für Angehörige, andere nahestehende Personen oder Mitarbeitende.
Wer der Einladung zum Gespräch folgen möchte, findet weitere Informationen unter www.junikum.de/aufarbeitung. Auf dem Portal gibt es auch Kontaktadressen zu Hilfemöglichkeiten und zu einer anonymen Meldestelle.
Informations- und Kontaktseite zur Aufarbeitung
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