“Als ich den ersten Jugendlichen bei mir aufgenommen habe, wollte ich es 100%ig — nein, sogar 150%ig — machen. Doch mit jedem Kind ist mit mir etwas passiert. Ich bin klarer und souveräner geworden”, blickt Lisa auf ihre Zeit als Gastmutter bei JuMeGa® zurück.
Sie ist seit acht Jahren ‘dabei’ und hat in der Zeit bereits sechs junge Menschen bei sich aufgenommen. Lisa gesteht: “Am Anfang hatten die ‘Kinder’ absolute Priorität und ich habe mich teilweise sehr eingeschränkt. Heute sorge ich viel mehr für mich.” Sie hat mit den jungen Menschen schon einiges erlebt. Es gab einen Jungen, der Drogen konsumiert hat, es gab die Pille davor und danach, auch die Polizei musste sie hin und wieder rufen, wenn mal einer nicht wiederkam. “Ich hatte jedoch nie Angst vor einem ‘Kind’ oder davor, dass mich jemand bestiehlt.”
Wärme, die Leib und Seele gut tut
Lisas ‘Rezept’ für JuMeGa® heißt: ‘Du musst als Gastmutter (oder ‑Vater) authentisch sein’. Ein Grundprinzip heißt bei ihr: “Lügen geht nicht — über alles andere kann man reden.” Und damit fährt sie gut. Das bestätigt ihr auch Telike* (16), die seit fünf Monaten bei Lisa lebt, mit einem Augenzwinkern: “Manchmal sitzen wir abends noch lange zusammen, weil es Lisa wichtig ist, dass es keinen Streit mehr zwischen uns gibt, wenn jeder in sein Bett geht.”
Die zweite Zutat, so Lisa, lautet ‘Herzenswärme’. Und das spürt man, wenn man Lisa und Telike miteinander erlebt. Sie spricht rau, aber herzlich. Genau damit erreicht sie Telike. Es ist berührend zu hören, wie Telike nach und nach Vertrauen gewonnen hat und was die beiden miteinander erreicht haben. Auch, dass Telike für Lisa ein Bild gemalt hat oder ihr in den Urlaub eine WhatsApp-Nachricht geschickt hat “Ich vermisse dich.”
An ihren Tisch kommen sie gerne zurück
Eigentlich ist Lisa — nicht mehr weit von ihrem Ruhestand entfernt — mit ihrer Berufstätigkeit als Ausbilderin in der Hauswirtschaft voll ausgelastet. “Wer viel Platz hat und das nicht macht, verpasst eine Chance!”, wirbt Lisa für JuMeGa®. Sie ist davon überzeugt, dass jeder Mensch seinen Platz im Leben hat. Und einer dieser Plätze ist bei Lisa.
“Egal ob Abitur oder kein Abschluss. Wo der Mensch herkommt spielt keine Rolle für mich. Und die ‘Kinder’, die bei mir waren, hatten schon einiges mitgemacht.” Einige haben noch Kontakt zu ihr, kommen mal vorbei oder man trifft sich in der Stadt. Ein junger Mann hat ihr kürzlich gesagt: “Lisa, ich bin froh, dass du so streng zu mir warst. Ich habe so viel Scheiße in meinem Leben erlebt. Doch jetzt mache ich eine Ausbildung und habe einen Führerschein. Das hätte ich ohne dich nicht geschafft.”
Gut wird es, wenn mehrere Köche zusammen wirken
Damit JuMeGa® gelingt, braucht es ein Netzwerk. Bei Lisa sind das ihre erwachsenen Kinder Jorit und Yula. Wenn Lisa im Urlaub ist, übernimmt Yula, die beruflich entsprechend qualifiziert ist, die Betreuung. Das ist nicht selbstverständlich, schafft aber auch viel Verbindendes.
Überhaupt ist Telike an die Familie gut angebunden. Sie lernt oft neue Verwandte kennen. Das ist bisweilen anstrengend, bringt aber auch Freude.
Und Dietmar Labs gehört dazu. Er ist einer der Fachberater*innen im JuMeGa-Team: “Dietmar brauche ich, um Dampf abzulassen. Wenn mich etwas total beschäftigt, dann muss ich das loswerden. Und wenn ich drohe über meine Grenzen zu gehen, muss Dietmar mich wieder zurückholen, damit ich auf mich acht gebe.”
Wer von JuMeGa gekostet hat, möchte mehr davon
Bis zum Ruhestand will Lisa noch weitermachen. Und sie will Telike noch mindestens bis zur Volljährigkeit begleiten. Dann ist Schluss! — Sagt sie.
Ob sie wirklich aufhören kann? Sicher wird es noch einen jungen Menschen geben, für den das Zimmer im Souterrain und eine Ecke in ihrem Herzen frei ist.
* Name zum Schutz der Persönlichkeit verfremdet