OER-ERKENSCHWICK — Mit einem Wortgottesdienst und der anschließenden Segnung des neuen Verwaltungsgebäudes begann der Besuch von Weihbischof Rolf Lohmann beim junikum. Lohmann traf sich in Oer mit dem Geschäftsführer Thomas Kurth sowie einigen Mitarbeitenden. Sie stellten ihre Arbeit und das Konzept vor, nach dem die Gesellschaft für Jugendhilfe und Familien arbeitet. Mit am Tisch saßen auch die Vorsehungsschwestern Gerlinde und Lucie, die 1995 die Leitung des Hauses an Kurth abgegeben hatten.
Was 1913 als St.-Agnes-Stift durch die Pfarrei St. Josef gegründet wurde, hat sich zu einer Hilfeeinrichtung entwickelt, die sich in unterschiedlicher Weise um die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern kümmert. Das Angebot reicht von stationärer Betreuung in verschiedenen Wohngruppen über mobile pädagogische Dienste bis hin zu Beratung, Diagnostik, Therapie oder individualpädagogischen Maßnahmen in Polen.
128 Plätze gibt es für Kinder ab drei Jahren zumeist in Wohngruppen sowie in weiteren Betreuungsformen. „Aber wir sind auch Lobby für sie. Sie haben keine Stimme, wenn es um die Verbesserungen der Rahmenbedingungen in der Jugendhilfe geht“, sagte Bereichsleiter Markus Hansen. So gäbe es beispielsweise keine Zuschüsse, wenn ein Kind, das eine feste Zahnspange trage, eine Zahnreinigung benötige. „Das finanzieren wir beispielsweise über Spenden“, ergänzte Kurth. Die seien in der Jugendhilfe allerdings nicht leicht zu erhalten. „Schnell werden unsere Betreuten oder deren Familien mit Vorurteilen belegt. Doch die Kinder sind da und können nichts dafür, dass sie so sind wie sie sind. Wir müssen Wege finden, ihnen und auch ihren Familien gerecht zu werden“, ergänzte Britta Kleine, die unter anderem den Bereich Jugendwohngruppen und die religionssensible Arbeit verantwortet. Wichtig sei es, die Lebenssituation und die Biografie, die Eltern mitbrächten, anzuerkennen.
Ziel der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei es immer, das gesamte System bei der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen einzubinden. „Sozusagen Hilfe zur Selbsthilfe“, betonte Kurth. Deshalb werde viel mit den Eltern gearbeitet. „Allerdings stoßen wir auch an Grenzen, und manchmal ist es besser, dass sich Kind und Eltern trennen – über einen kürzeren oder auch längeren Zeitraum“, fügte er hinzu. In den Gesprächen ginge es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um ein gemeinsames Handeln nach vorn und zum Wohl der Beteiligten. Zur ganzheitlichen Arbeit gehöre ebenso die religionssensible Pädagogik. Zwar ließen sich die Kinder und Jugendlichen immer wieder von verschiedenen religiösen Angeboten kurzfristig begeistern, „aber wir wollen Wege finden, wie wir niederschwellig mit ihnen über den Glauben ins Gespräch kommen können“, sagte Kleine. „Das ist schwierig. Unsere Botschaft ist super. Wir müssen eine Form der Vermittlung finden, die die Jugendlichen packt“, hat Lohmann Verständnis. „Aber nichts ist vergebens. Und wenn es nur eine punktuelle Begeisterung gibt, ist doch etwas erreicht. Wer weiß, was sich irgendwann daraus entwickelt“, sprach der Weihbischof den Mitarbeitenden Mut zu. Er sei begeistert von der Leidenschaft, mit der zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gearbeitet werde. „Dieser Nachmittag war ein großer Gewinn für mich. Ich habe vieles erfahren, was mir in meinem Lebensumfeld sonst so nicht begegnet“, bedankte er sich für das Gespräch.