Von Birjana Biel.
Die junge Hauswirtschaftskraft Frau Martens steht in der Küche. Es brodelt, die Deckel auf den Kochtöpfen klappern. Sie ist gerade dabei, das Mittagessen für ihre Wohngruppe fertig zu stellen. Gleich soll es kommen, das neue Kind, das heute in die Wohngruppe einziehen wird. Was wird sich verändern? Für sie wird es eine Herausforderung sein, so ganz ohne Schwein zu kochen. Viele deutsche Produkte sind für Muslime tabu. Seit knapp zwei Jahren betreut das junikum in seinen Wohngruppen auch junge Geflüchtete, die ihre Familien und ihre Heimat hinter sich gelassen haben, um hier in Sicherheit ein neues Leben beginnen zu können. Gerade diese jungen Menschen haben ein Recht auf besondere Fürsorge, auf Bildung, auf eine professionelle pädagogische Begleitung und natürlich auf die Verpflegung als ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen.
Schwein gehabt: Wir können auch ohne…
In der muslimischen Küche dürfen keine Produkte verwendet werden, die Alkohol, Alkoholaromen und Schwein enthalten. Dazu gehören auch der Verzicht auf Schweinefleischbestandteile, zum Beispiel in Bratenfett, und der Verzicht auf tierische Gelatine. Im Alltag haben wir uns Gedanken gemacht, wie man der neuen Herausforderung ganz ohne Schwein zu kochen gerecht werden kann.
Neben Neuanschaffungen von Schneidebrettern, Pfannen und Fleischjunikumn stellte sich die größte Aufgabe in der Speiseplangestaltung für die engagierte Hauswirtschaftskraft dar, einen Spagat zu machen, zwischen der traditionellen deutschen Küche und der Küche des arabischen Raumes, in der es bestimmte Speisevorschriften einzuhalten gibt.
Heimatlich halal: Die Herausforderung im Zusammenleben
Ein falscher Weg wäre es gewesen, für die christlichen Kinder ganz auf Schweinefleisch zu verzichten, daher werden in den Gruppensystemen, wo Muslime an den Mahlzeiten teilnehmen, als Alternative Huhn, Pute und Rindfleisch eingesetzt. Dabei wird sensibel darauf geachtet, dass die religiösen Riten gewahrt werden und auch Fertigprodukte, die in der Küche Verwendung finden, keine Schweinfleischbestandteile beinhalten. Gern binden wir unsere jugendlichen Bewohner bei der Speisenzubereitung mit ein. So haben wird auch schon einige arabische Gerichte kennenlernen und genießen dürfen. Für unsere jungen Geflüchteten ist dieses Essen ein Stück Heimat.
Sucuk-Wurst in Konkurrenz zur Schweinewurst
Insbesondere bei unseren schönen traditionellen Festen und Veranstaltungen, die für alle eine besondere Wohlfühl-Atmosphäre darstellen sollen, achten wir gewissenhaft darauf, dass zum Beispiel ein zweiter Grill samt Grillbesteck und Küchengeschirr verwendet wird. Nach Möglichkeit des Veranstaltungsortes werden die Stände auch optisch voneinander getrennt.
So bieten wir bei unserem jährlichen Sommerfest und beim kreativen Adventure im November immer zwei Grillstände an. Auf dem einen wird die gute Schweinewurst gegrillt in naher Konkurrenz steht die scharfe Sucuk-Wurst, die viele Gäste neugierig macht und zum Probieren einlädt. Nach dem Ramadan, dem muslimischen Fastenmonat, freuen sich auch hier viele Besucher darauf, die neue Grillsaison mit der ersten Wurst zu beginnen.
In der Wohngruppe klingelt es nun an der Tür, jetzt ist es da, das neue Kind. Frau Martens, unsere engagierte Hauswirtschaftskraft, öffnet die Tür. Freundliche Blicke, Händeschütteln. Alle Bedenken sind auf einmal verschwunden. Auch wir Hauswirtschaftskräfte stellen uns den neuen Herausforderungen.
Birjana Biel
Teamleitung Hauswirtschaft
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